Hallo Avaka,
der MBtrac ist mehr als einmal gestorben.
Das erste Mal schon, bevor er 1972 auf die DLG-Ausstellung kam. Da war der A60 schon eingestampft und nur der Ungehorsam von Krettenauers Truppe, die zwei davon versteckten und vor der Verschrottung bewahrten, machten eine Auferstehung überhaupt möglich.
Als dann 1972 die Gerüchte um den InTrac umgingen, holte man sie aus der Versenkung und präsentierte sie auf der Messe.
Nur weil es dort blind Bestellungen hagelte, wurde er dann gebaut.
Doch er wurde auf dem gleichen Band wie der Unimog gebaut und beide waren Fremdkörper in Gaggenau - von Anfang an. Deshalb ist der Unimog heute auch in Wörth.
Der MBtrac starb dann das nächste Mal bereits bei der Gründung der TTEG, deren Sitz in Köln war, nur noch die TTVG war in Gaggenau und "verscherbelte" die Reste.
Nur mit Komponenten, die von der Serien-LKW- bzw. Unimog-Fertigung abgeleitet - und abgezweigt - werden konnten (Achsen 443, Motoren, etc.), war der MBtrac halbwegs konkurrenzfähig.
Mit einer kompletten Eigenentwicklung bei einem reinen Schlepperhersteller, welcher in einem großen Konzern noch einmal ungeliebt war (siehe Rausverkauf von Deutz-Fahr aus dem KHD-Verbund) und keinerlei Zugriff auf verwendbare in Großserie hergestellten Komponenten hatte, konnte das nicht klappen. Aber es sollte ja auch gar nicht klappen.
Die Neuentwicklungen der TTEG waren sämtlich nur Krücken, der am "Ende" daraus resultierende 1020 nicht verwendungsfähig und viel zu teuer.
Mag sein, dass das Team von TTEG das nicht gewollt hat, die Konzernspitze hatte von Anfang an aber ein Ende für das eigene erfolglose InTrac-Geschehen im Kopf und das Herauskaufen des schmerzlichen Konkurrenzproduktes aus dem Wettbewerb, das immerhin zeitweise Platz 4 der Zulassungsstatistik innehatte, war ein weiterer Erfolg für Deutz-Fahr. Denn ein Wettbewerb, der nicht mehr existiert, ist auch ein strategischer Erfolg!
Platz 4 der Zulassungsstatistik für einen Systemschlepper inmitten von Standardschleppern war, wenn man es nüchtern und ohne rosa Brille (oder saftgelbgrüne Brille) sieht, ein grandioser Erfolg!
Die Daimler-Benz Konzernspitze wollte ihn nicht, Deutz-FAHR wollte ihn nicht, die Deutsche Bank wollte ihn nicht.
Zurückgehende Zahlen beim Unimog hätten ohne Probleme Platz auf dem Band für dessen Weiterproduktion gelassen, aber unter Berufung auf die seinerzeit mit KHD geschlossenen Verträge (die sooooo bindend nicht waren) war auch 2 Jahre nach der Wiedervereinigung (und damit Markterweiterung nach Osten mit Garantiebedarf für große Einheiten) von oben her einfach der Wille nicht da.
Das Schlussverkaufsverhalten kurz vor Produktionsende - quasi ein Hamsterkaufverhalten - wäre eigentlich ein werthaltiges Signal gewesen, allein Manager haben es verhindert...
...wahrscheinlich die gleichen Nadelstreifsignoris, die jetzt die vielen aktuellen Krisen zu verantworten haben...
Auch wenn der MBtrac dem Konzern nicht wirklich die großen Gewinne abgeworfen hat, war er doch im Verbund mit dem Unimog für insgesamt wirtschaftliche Stückzahlen mitverantwortlich und es kann mir keiner erzählen, dass die Konzernspitze 20 Jahre nur beim Drauflegen zugeschaut hätte...
Ein weiterer Beweis ist die heutige Preisgestaltung.
Der MBtrac ist bis heute das einzige nicht mehr gebaute Nutzfahrzeug, dessen meiste Einheiten bis heute im aktiven Einsatz sind und das bei stabilen Preisen bis ins hohe Alter. Die meisten Betriebe müssen rechnen, da spielt der "Liebhaberwert" eine untergeordnete Rolle...
Wo gibt es sonst Fahrzeuge mit Kultstatus schon zu Zeiten, wo sie noch im aktiven Einsatz sind? Es werden noch MBtracs im aktiven Dienst sein, wenn die meisten roten Bären schon in Rente sind...
Etwas ähnliches - aber doch auf kleinerer Flamme gekocht - kenne ich nur vom County drüben auf der Insel. Sowohl die Standard-Countys wie auch die Forward Controls werden - selbst mit astronomischen Stundenzahlen - zu Preisen gehandelt, dass einem schwindelig wird.
Auch diese versatilen Schlepper haben bis heute ihren Platz überwiegend im aktiven Einsatz bewahren können - und auch sie haben eine Liebhaberszene...
Grüße
Holger
PS: Hier ein paar Fotos meiner zweitliebsten Gefährte (leider nur schwer über den Kanal zu kriegen...)
Ein County FC (der wahre Urahne des Xerion SaddleTRAC):
Auch die County FC's konnten mit allerlei Aufbauten geliefert werden, vom Güllefass über Industrieanwendungen (mobile Bohrtürme, Pipelinebau, etc.) bis hin zu Forst-Forwardern...
Noch einer:
und noch eine paar (aufgrund der Größe nur als Link):
http://www.nedtrac.com/images/county%201184%20%201.jpg
http://www.farmphoto.com/fpv2/image.aspx...000679.jpg&s=original
http://www.farmphoto.com/fpv2/image.aspx...2663C5.jpg&s=original
http://www.farmphoto.com/fpv2/image.aspx...F6C357.JPG&s=original
http://www.farmphoto.com/fpv2/image.aspx...2695BD.jpg&s=original
http://www.farmphoto.com/fpv2/image.aspx...221C07.jpg&s=original
http://www.farmphoto.com/fpv2/image.aspx...A724B4.jpg&s=original
Und hier der ultimative Zugtraktor, konzeptbedingt sehr nahe am Kettenschlepper (nur) 180PS an 8 Scharen:
http://www.youtube.com/watch?v=zeXs3YY_Uvc
Auch er starb, weil andere billiger waren - nicht besser...
...auch er war ein Trac...
...der County hatte übrigens den kompromisslosesten Allradantrieb, der technisch umgesetzt werden kann...
unten mein noch unerfüllter Wunschtraum: