Hydraulikschläuche - Austausch - Haltbarkeit
#1

Servus - Grüß Gott,

an die alten Hasen und Fachleute unter den MB Trac Fahrern die Frage:
Nach welchen Kriterien tauscht ihr Schläuche der Hydraulikanlage vom MB Trac oder auch Anbaugeräten aus? Welche Vorschriften gibt es ggf. im gewerblichen Bereich, ich weiß, dass inzwischen Hydraulipressungen der Armaturen mit Jahresdatum gekennzeichnet werden - hat das Konsequenzen bei TÜV oder erst wenn was passiert? Oder geht das rein nach optischer Kontrolle auf Risse etc.?

Herzlichen Dank

Robin
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#2

Moin Robin
Ja das was du sagst mit der Kennzeichnungspflicht der Schläuche ist korrekt.
Ich weiß soweit nur, das es die Vorgaben in dem Bereich der Hydraulikschläuche gibt, alle Schläuche ,die älter als sechs Jahre sind ,müssen erneuert werden. So sieht es die Vorschrift vor.
Nur ehrlich, ich habe noch nie Schläuche erneuert, wenn diese Dicht waren. Wenn ich das einem Kunden in unsere Werkstatt erzählen würde, den sähe ich nie wieder. Wenn der hört ,alle Schläuche müssen neu ,aufgrund ihres Alters, laut Vorschrift.
Ich kann dir allerdings nicht sagen, was es für Auswirkungen im Gewerblichen gibt. Kann nur sagen das ich einige Forstmaschinen weis, die Schläuche verbaut haben, wo ich selber sage ,das geht eigentlich gar nicht...... auch Gewerblich.
Vielleicht konnte ich dir etwas weiterhelfen.
Grüße aus Bissendorf
Manni
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#3

Hallo

sehr schwieriges und schwammiges Thema. Die BG gibt eine Lebensdauer von 6 Jahren vor. Sie schreibt:

Der genannte Richtwert für die empfohlene Ver-
wendungsdauer von „normal“ beanspruchten
Hydraulik-Schlauchleitungen von 6 Jahren bein-
haltet eine maximale Lagerungsdauer der Hy-
draulik-Schlauchleitung von höchstens 2 Jahren
(s. BGR 237 [3]).
Der Richtwert für die empfohlene Verwendungs-
dauer von erhöht beanspruchten Hydraulik-
Schlauchleitungen von 2 Jahren stellt bereits die
maximal zulässige Betriebsdauer dar.
Bei der Herstellung der Hydraulik-Schlauch-
leitung (bzw. der Maschine) sollte der Schlauch
nicht älter als 4 Jahre sein.
Abweichungen von diesen genannten Richtwer-
ten für die empfohlene maximale Verwendungs-
dauer nach oben sind möglich, wenn ent-
sprechende Prüf- und Erfahrungswerte vorlie-
gen, die eine gefahrlose Weiterverwendung über
die empfohlene Verwendungsdauer hinaus zu-
lassen. Eine längere Verwendungsdauer der
Hydraulik-Schlauchleitungen setzt ferner voraus,
dass durch einen Schaden oder Leitungsbruch
keine Gefährdungen (bzw. potenziellen Risiken)
durch die Druckflüssigkeit, die Leitung selbst
oder eine gefährliche Maschinen- oder Last-
bewegung möglich sind.



Dies kann man aber nicht so stehen lassen, da es viele Faktoren gibt die, die Lebensdauer verlängert bzw. verkürzt. Wir haben die Vorgabe nach "unserem Ermessen" die Schläuche zu wechseln bzw. in der Maschine zu lassen, den eine generelle Tauschpflicht nach 6 Jahren gibt es nicht. Diese Methode ist umstritten, jedoch kann in diesem Fall mit gesundem Menschenverstand schon viel erschlagen werden. Jeder Schlauch welcher brüchig, verdreht ist oder die Seele zum vorschein kommt gehört raus. 6 Jahre hin oder her. Faktoren welche die Lebensdauer beeinträchtig, sind UV-Licht, hohe Temperaturen, Druckbelastung, Einsatzort und und und. Eine Schlauch welcher um 7° in sich verdreht verliert seine Lebensdauer um 90%. Das Problem nach 6 Jahren müssen alle Schläuche raus kann sowieso nicht erfolgen, da es schon beim Hersteller anfängt. Ein Schlauchfertiger darf seine Schläuche nicht überlagern, das heißt nach 4 Jahren ist Schluss. Wenn man richtig an die Sache ran geht muss man eine "Gefährdungsbeurteilung" so heißts bei uns durchführen. Das heißt welche Betriebsdrücke herrschen im System vor. Sind Schläuche zugänglich bzw. im öffentlichen Bereich. Gibt es Schläuche welche lebenswichtige Funktionen erhalten. Welche Strömungsarten (pulsierend oder dauerhaft) kommen in System vor. Wie wurden die Schläuche verlegt. Dies sind Faktoren welche wir zu einer Einschätzung der Lebensdauer brauchen.
Beim Trac herrschen im Hydrauliksystem der kleinen und mittleren Baureihe max 210 bar. Die Lenkungspumpe hat max in der kleinen Baureihe 100 bar und in der mittleren Baureihe 120 bar. Dies hört sich nicht viel an aber die Schläuche der Lenkunspumpe sind lebenswichtig daher hier besondere Vorsicht. Der letzte Trac, welchen ich besitze, wurden noch nie die Schläuche vom Rahmen zum Fahrerhaus ersetzt. Das heißt sie waren 28 Jahre alt. Resultat man konnte die Seele aller Schläuche sehen welche schon sehr großen Rostansatz hatten. Pulsierende Drücke herrschen in den Leitungen zu den Hydraulikanschlüssen der Wegeventile. Hier herrscht ein stoßartiger Druck, die Lebensdauer wird somit stärker verkürzt als ein Schlauch welcher von der Hydraulikpumpe zum Wegeventil gelangt. Man könnte hier noch stundenlang schreiben. Langer Rede kurzer Sinn: Alle Schläuche die optische Mängel aufweisen bzw. Schläuche die lebenswichtige Funktionen zugrunde liegen gehören getauscht egal wie alt sie sind.

Wer sich hierzu genauer informieren will für den habe ich noch was:

https://www.bghm.de/fileadmin/user_uploa...chseln.pdf


Gruß Bene
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#4

Moin,

ja, da gibt es Vorschriften, an die sich nein, keiner hält. Den Tüv interessiert es überhaupt nicht was in den Vorschriften steht, der macht nur eine Sichtprüfung auf Scheuerstellen, Risse und Undichtigkeiten an den Schläuchen, die ihn interessieren (Lenkung, Bremsen, wenn er sie denn findet).

Die Vorschriften kommen vom gesetzlichen Unfallversicherer, unserer BG. Da gibt es die BGR 237 (Eine neue Version ist freigegeben, gibt es aber noch nicht). Darin steht:

Das Schläuche (übrigens schon seit 1974 und vorher) an der Verpressung dauerhaft mit:
- Einem Herstellerkennzeichen
- Dem max. Betriebsdruck aller komponenten
- Dem Herstelldatum MM/JJ
gekennzeichnet sein müssen.

Danach sollen nach Vorgaben der BG Schläuche unter erhöhten Einsatzbedingungen (Starke äußere, innere Einflüsse wie Druckspitzen, Sonneneinstrahlung, Hitzeeinwirkung, Biegung etc.) alle 2 Jahre, alle anderen alle 6 Jahre ausgetauscht werden.
Stichmonat ist jedoch nicht das Einbaudatum sondern die Kennzeichnung auf der Pressarmatur!

Maximal darf die fertige Schlauchleitung 2 Jahre gelagert werden, dann allerdings nur noch 4 Jahre verwendet werden.

Verlängern kann man diese Intervalle wenn man eine schriftlich dokumentierte Gefährdungsbeurteilung für jeden Schlauch durchführen. Darin muss erfasst werden:
- Wie stark ist der Schlauch von innen/von außen belastet.
- Was passiert direkt, wenn der Schlauch platzt (Schlagende Leitungen Verletzungsgefahr)
- Was passiert indirekt wenn der Schlauch platzt

Dann darf der Anlagenbetreiber (Also ihr) ein nach oben offenes Intervall festlegen. Eine Verlängerung geht einher mit einer mindestens jährlichen Prüfung der Schlauchleitung durch eine sog. befähigte Person zur Prüfung von Schlauchleitungen.


Hier mal ein Fallbeispiel:
Schlauchleitung an einem Rückewagen am Kran in der Nähe des Bedienstandes für den Kranhub. Max. Druck der Schlauchleitung 250 bar.
Belastung für den Schlauch von innen: Mittel, da der Schlauch i.d.R mit nicht zu heißem Öl betrieben wird, aber der max. Betriebsdruck von 200 bar (Schlepperhydraulik) nahe dem Maximaldruck liegt.

Belastung von außen: Mittel, da dauerhafte Sonneneinstrahlung (Ozonbelastung) gegeben ist, der Schlauch am Zylinder häufig bewegt wird. Weiterhin reißen Äste öfters mal am Schlauch.

Gefahren, die durch den Schlauch ausgehen, direkt: Hoch, da der Bediener auf seinem Stand getroffen werden kann, sowohl vom Schlauch, als auch von austretendem Öl.

Gefahren die durch den Schlauch ausgehen, indirekt: Gering, da der Zylinder mit einem Sperrblock ausgerüstet ist, sowie der Aufenthalt im Gefahrenbereich verboten ist.

Hier würde ich, bei jährlicher Prüfung, guten Gewissens ein Intervall von 10 Jahren eintragen, mehr aber auf keinen Fall.
Man kann natürlich jetzt Maßnahmen ergreifen, die dieses Intervall verlängern in dem man:
- Einen Schlauch einer höheren Druckstufe (350 bar) verbaut: Mehr Sicherheit.
- Einen Berstschutzschlauch über den Hydraulikschlauch zieht (Schutz gegen UV Einstrahlung, Schlagen der Leitung, verspritzendem Öl):
Mehr Sicherheit.

Damit währen auch 20 oder mehr drin. Achtet mal drauf, Minibagger z.B. haben solche Schläuche oft direkt an der Kabine.

Immer daran denken, verantwortlich ist allein der Anlagenbetreiber (Besitzer, Auftraggeber), nicht der Hersteller.

Wenn ihr mir konkrete Beispiele nennt, erkläre ich Euch da mehr zu.

Viele grüße

Jörg
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#5

Da haben Bene und ich wohl gleichzeitig geschrieben...

Interessant finde ich hier auch die Ignoranz vieler Hersteller, welche ihre Schlauchleitungen einfach überlackieren. Dadurch kann der Betreiber seine Schläuche nicht beurteilen, er müsste sie erstmal entlacken. Aus dem Grunde gibt auch kein Schlauchhersteller eine Freigabe zur Farbverträglichkeit seiner Aussenschichten. Meiner Meinung nach ganz dünnes Eis, auch für nahmhafte Hersteller (John Deere, Fendt und bis vor ein paar Monaten auch Liebherr).

Bei den Lenkungsschläuchen sehe ich es ebenso. Da die Tracs nicht auf die BAB sollen, gibt es nur einen Lenkkreis. Platzt also ein Schlauch, fliegst Du ab. Bitte lasst Euch keine Ammenmärchen erzählen, die Schläuche dürfe niemand pressen. Das sind, egal ob für Lenkungen oder hydraulisch betätigte Bremssysteme trotzdem einfache Hydraulikschläuche, die in ihren Eigenschaften von jedem ersetzt werden dürfen. Auch gepresst, von jedem der Schläuche pressen darf. Auch hier gibt es keine Prüfung, im endeffekt darf es jeder. Ich würde darauf bauen, das er es kann. Aus eigener Erfahrung kann ich auch das nicht verallgemeinern. In meiner Lama-Ausbildung habe ich Schläuche zusammen gepresst. Keiner konnte es mir richtig zeigen, es hat halt gehalten.
Heute Bilde ich Personen zu diesem Thema aus, damit sie, wie Bene z.B. diese Arbeiten ausführen dürfen und können. Daher weiß ich, dass auch viele Franchisenehmer bei Schlauchdienstleistern schlecht ausgebildet sind.

Eine sichere Frage um pfiffige Pfeifen zu entlarven ist immer eine Frage nach dem entlüften. Sagt er "Nene, die Luft geht da schon raus", schlag ihn mit seinem Schlauch vom Hof.
Sagt er " Manchmal geht die Luft so raus, kommt aber auf das System an, oft muss man auch entlüften" dann kennt er sich wenigstens etwas aus.

Meiner Meinung nach sollten folgende Schläuche regelmäßig geprüft werden:
Alle! Lenkungsschläuche. Auch Rückläufe, da sonst die 2 Liter fix weg sind.

Schläuche zwischen Steuergerät und Hubzylindern und Steckkupplungen. Hier können Lasten abfallen (Frontlader, Hubwerk, gekippter Anhänger).

Schläuche rund um die Pumpe sind aus BG-Sicht nicht soo wichtig, wenn die platzen gibts Sauerei, aber keine Gefahr für Personen, da die Verbraucher i.d.R. mit Rückschlägen gesichert sind.

Googelt mal nach der BGR 237. Eigentlich muss man sie kaufen, es gibt sie aber im Netz, auch ohne sich strafbar zu machen.

Viele Grüße

Jörg
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#6

Servus Jörg

Bei wem arbeitest du? Ich hab schon einige Lösungen gesehen welche mir eine Gänsehaut hervorgerufen hat. Die schlimmste war ein Schlauch welcher geflickt wurde indem ein Hydraulikrohr eingelegt wurde und das ganze mit Schlauchschellen befestigt wurde.
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#7

Moin,

ich arbeite bei einem Unternehmen, welches ausschließlich Weiterbildung und Beratung für Hydraulik, Pneumatik und Steuerungstechniken anbietet. Viele Händler werden von uns ausgebildet (Kohler, Brammer, Werthenbach), aber auch Schlauchdienstleister nutzen unsere Dienste um ihr Personal zu verbessern.

Und ja, gesehen habe ich auch schon fast alles im Bereich der Hydraulik, wobei die Stationärhydraulik in Produktionsbetrieben eher schlimmer ist. Da kommt der Strom aus der Steckdose und Platz für zusätzliche Kühler ist fast immer da. Dafür haben die eher bessere Schläuche...
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#8

Hallo,

also ich kann sagen,dass bei keinem meiner Stapler oder Teleskoplader nie ein Schlauch wegen zu hohem Alters bei der UVV bemängelt worden wäre.

MFG
Berni
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#9

Hallo Berni,

da gebe ich Dir vollkommen recht, die BG hat das Thema auch über Jahre verschlafen, tut dies auch jetzt im allgemeinen noch.
Was nicht heißt, dass Du fein raus bist, wenn die Gabeln einem eine Beule machen...

Das Thema wächst immer weiter, vor allem in Industriebetrieben, seit dem in Italien ein Stahlwerk aufgrund eines geplatzen Schlauches abgebrannt ist, und es tote gab.

Auch die Tüffi's sind da sehr waghalsig und übersehen gerne einiges, aufgrund von Unwissenheit, aber die schützt vor Strafe nicht.

Viele Grüße

Jörg
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#10

...na das kann ja heiter werden....wenn das kommt was ihr schreibt....na dann viel Spaß an alle mit RüFa am Trac...


MFG
Berni
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#11

Hallo zusammen,

bin selbst Instandhaltungsleiter in einem Industriebetrieb. Bei uns fliegt alles raus was älter als 6 Jahre ist. Habe gerade an drei Fingern ausgerechnet, dass uns dies jährlich 25.000 € kostet.

Die sachliche Diskussion die hier läuft gefällt mir echt gut. Oft werden ja sicherheitsrelevante Vorschriften ins lächerliche geführt.

An alle die mitlesen: Verantwortlich ist der Betreiber. Der Staatsanwalt interessiert sich für keine Ausreden und Geschichten.

Viele Grüße

Michael
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#12

Moin,

Berni, das kommt nicht, das ist schon seit Ewigkeiten so. Es passiert hat "Gott sei dank" zu wenig. In der Industrie ist was passiert, seit dem wird man da etwas aufmerksamer.

Viele Grüße

Jörg
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#13

Herzliche Dank für die hochwertigen Antworten!

Ja vollkommen richtig, vor dem Richter gibt es leider nur eine Frage: "Haben Sie als Verantwortlicher die Vorschriften eingehalten oder nicht?"

Aber das sind schon gewaltige (Un-)Kosten!

Danke nochmals!

Robin
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#14

Hallo,

also habe letztes Jahr die Aufgabe aufgedrückt bekommen alle Hydraulikschläuche in unserem Maschinenpark zu beurteilen. Dies muss leider nebenbei laufen, da das Hauptgeschäft nicht abgegeben werden kann und darf. Sprich bei 300 von ca. 750 relevanten Maschinen habe ich letztes Jahr 10 geschafft. Kann sich ja jeder ausrechnen wie lange es noch dauert. Big Grin Dies ist aber nicht die einzige Aufgabe welche wir noch aufgebrummt bekommen. Alles muss kontrolliert und dokumentiert werden wie z.B. Sicherheitsscheiben, Spannfutter, Schwerlastregale... Nach dem Motto wer schreibt der bleibt. Unser Sicherheitsbeauftragter hat gesagt, Hauptsache wir haben schon einmal angefangen, damit der Auditor sieht es geht was voran. Im System werden bei uns die Maschinen als erstes beurteilt welche am ältesten sind, sprich also ab Baujahr 1956 und welche die gröten Betriebsdrücke haben. So werden die schlimmsten am Anfang erschlagen. Wenn es in der Industrie so langsam vorwärts geht, dauert es in der Land- und Forstwirtschaft noch lange. Außer es passieren gehäuft Unfälle, dann wird man wieder hellhörig. Das schlimme ist bei uns kann jeder Schläuche in der Instandhaltung pressen, auch die, die glauben es richtig zu machen. Manchmal denke ich mir warum wir nicht mehr Ausfälle haben. Denke hier spricht aber wieder unser gutes Material was wir von der Fa. Gates verwenden.


Gruß Bene
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